88 Biographien vor dem Vergessen bewahrt

"Gedenkbuchprojekt für die Opfer der Shoah" legt dritten Band vor. Unterstützung von Zeitzeugen.

Von Merle Tilk

Aachen. Am 27. Januar 1945 wurden die Häftlinge des Konzentrationslagers Auschwitz befreit. Symbolisch wird dieses Datum seit 1996 als Gedenktag der Opfer des Nationalsozialismus begangen.

In Aachen in diesem Jahr mit einer besonderen Gabe: Mit der Präsentation des dritten Biographienbandes im Weißen Saal des Rathauses erinnerte das "Gedenkbuchprojekt für die Opfer der Shoah aus Aachen" an die Lebensgeschichten von rund 33 Aachener Juden, die die Verbrechen der Nazidiktatur nicht überlebten. "Wir in Aachen haben uns entschieden zu erinnern", erklärte die Vorsitzende des Vereins, Bettina Offergeld, entschlossen und übergab Oberbürgermeister Marcel Philipp das neue Gedenkbuch. Im Kampf gegen das Vergessen bemüht sie sich zusammen mit Corinna Broeckmann, Judith Kemmann, Rudolf Wagemann und Georg Bündgens seit über zehn Jahren um Informationen über die Verschleppten und Ermordeten der ehemaligen Aachener Synagogengemeinde. "Die Geschichten gehen jedoch über die Verfolgung hinaus und zeigen, dass sie Freunde und Nachbarn waren."

Zusammen mit den beiden vorangegangenen Bänden zählt das Gedenkbuchprojekt nun Lebensgeschichten zu 88 Personen. Dank der Unterstützung von Zeitzeugen, Verwandten und Freunden der Opfer "sind wir unserem Ziel, an die Schicksale dieser Menschen zu erinnern und sie nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, wieder ein Stück näher gekommen", freute sich Offergeld. Von Geschichten einzelner Personen, mal mit, mal ohne Foto, umfasst das neue Gedenkbuch auch Familienbiographien.

So erinnert es unter anderem an das Aachener Ehepaar Katzenstein. "Meine Mutter hat bei Emil und Selma Katzenstein gearbeitet", berichtete Margret Steinbeck, die die Lebensgeschichte des Ehepaars aufgeschrieben hat. "Zwischen ihr und den Katzensteins entwickelte sich eine tiefe Verbundenheit. Doch mit dem Tag der Deportation brach der Kontakt ab. Die beiden haben das Konzentrationslager Theresienstadt nicht überlebt."

Ebenfalls in Theresienstadt, starb Selma Kahn. Mit 70 Jahren wurde sie deportiert, erinnerte sich ihre Nichte Edith Bader Devries. Selbst Überlebende Theresienstadts, erklärt Edith Bader Devries mit Blick auf das Gedenkbuch: "Die Hauptsache ist, es wird darüber gesprochen."

Quelle: Aachener Zeitung, 28. Januar 2011