Aus der Steinkaulstraße nach Auschwitz
Das Gedenkbuchprojekt erinnert anlässlich des Holocaustgedenktages an das Schicksal von Berta Moses, die im KZ ermordet wurde
Heute vor genau 76 Jahren befreite die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz und damit die Gefangenen, die das Grauen überlebt hatten. Die Aachenerin Berta Moses gehörte nicht mehr dazu. Sie starb vermutlich bereits im Januar 1943 in dem Vernichtungslager der Nationalsozialisten. Mit ihrem Lebensweg möchte das Gedenkbuchprojekt für die Opfer der Shoah aus Aachen zum heutigen Holocaustgedenktag an die deportierten und ermordeten Aachener Juden erinnern. Seit 1998 erarbeitet das Projekt die Schicksale der von den Nazis vernichteten Aachenerinnen und Aachenern, um so ihr Andenken zu bewahren. 174 Biografien sind bereits im Rimbaud-Verlag veröffentlicht worden, weitere werden folgen. Bisher sind 841 ermordete Aachenerinnen und Aachener bekannt. Die Auszüge aus der Biografie von Berta Moses stammen von Wilma Hoekstra von Cleef und sind bislang unveröffentlicht.
Umzug nach Aachen
Berta Moses, geborene Baum, wurde am 5. Mai 1890 als fünftes von sechs Kindern in Gerolstein geboren. Ihr Vater Simon betrieb dort einen Viehhandel. Im Jahr 1919 heiratete Berta ihren ersten Mann Max Keller und zog zu ihm nach Warden. Gemeinsam hatten sie zwei Söhne, Kurt und Siegfried. Als Soldat im ersten Weltkrieg wurde Max Keller durch einen Senfgasangriff schwer verletzt und nicht mehr gesund. Er starb 1925, Siegfried war da erst zweieinhalb Jahre alt. Max war Träger des Eisernen Kreuzes; er hatte seine Gesundheit und später sein Leben für Deutschland verloren.
Kurt Keller floh nach den Novemberpogromen, bei denen auch sein Elternhaus in Warden von nationalsozialistischen Horden heimgesucht wurde, nach Schweden, was ihm das Überleben gesichert hat. Siegfried gelang die Flucht zu seiner Mutter und im Dezember 1939 die Ausreise nach Palästina.
Bereits nach der Flucht der Söhne hatte Berta ihren Besitz in Warden verkauft und war nach Aachen gezogen, wo sie schließlich den Witwer Philipp Moses kennenlernte, den sie am 22. Mai 1940 in zweiter Ehe heiratete. Ab dem 24. Mai 1940 wohnte sie mit ihm in dessen Haus in der Steinkaulstraße 1. Philipp Moses versuchte verzweifelt, eine Einreisegenehmigung in die Vereinigten Staaten zu bekommen, wohin sein Sohn Walter 1939 rechtzeitig ausgewandert war. Die Erlaubnis kam zu spät, er und seine Frau durften Deutschland nicht mehr verlassen.
Ein letzter Brief
1941 mussten sie ihr Haus aufgeben und in die Promenadenstraße 21 in ein sogenanntes Judenhaus ziehen. Im Jahr darauf verzogen sie am 3. März in das Israelitische Altenheim Horst Wessel-Straße 87, heute Kalverbenden. In ihrem letzten Brief an ihre Söhne schreibt sie von „Glück“ und „liebevoller Umgebung“, sicher bezogen auf ihren „innigstgeliebten Mann“. Am 25. Juli 1942 wurden beide nach Theresienstadt deportiert, wo Philipp Moses einen Monat nach der Deportation starb. Berta musste noch einen Transport von Theresienstadt nach Auschwitz erleiden, wohin sie am 23. Januar 1943 gemeinsam mit 2005 weiteren Theresienstädtern zu einem „Arbeitseinsatz“ abkommandiert wurde. Wann und wie sie in Auschwitz starb, ist unbekannt. Sie gehörte aber nicht zu den drei Personen ihres Transports, die das Grauen überlebt haben. 1992 reichte ihr Sohn Shimon (früher Siegfried) ein Gedenkblatt für seine Mutter bei Yad Vashem ein.
Aus der Steinkaulstraße nach Auschwitz">Aachener Zeitung, Aachener Nachrichten, Eifeler Zeitung 27.1.2021Heute vor genau 76 Jahren befreite die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz und damit die Gefangenen, die das Grauen überlebt hatten. Die Aachenerin Berta Moses gehörte nicht mehr dazu. Sie starb vermutlich bereits im Januar 1943 in dem Vernichtungslager der Nationalsozialisten. Mit ihrem Lebensweg möchte das Gedenkbuchprojekt für die Opfer der Shoah aus Aachen zum heutigen Holocaustgedenktag an die deportierten und ermordeten Aachener Juden erinnern. Seit 1998 erarbeitet das Projekt die Schicksale der von den Nazis vernichteten Aachenerinnen und Aachenern, um so ihr Andenken zu bewahren. 174 Biografien sind bereits im Rimbaud-Verlag veröffentlicht worden, weitere werden folgen. Bisher sind 841 ermordete Aachenerinnen und Aachener bekannt. Die Auszüge aus der Biografie von Berta Moses stammen von Wilma Hoekstra von Cleef und sind bislang unveröffentlicht.
Umzug nach Aachen
Berta Moses, geborene Baum, wurde am 5. Mai 1890 als fünftes von sechs Kindern in Gerolstein geboren. Ihr Vater Simon betrieb dort einen Viehhandel. Im Jahr 1919 heiratete Berta ihren ersten Mann Max Keller und zog zu ihm nach Warden. Gemeinsam hatten sie zwei Söhne, Kurt und Siegfried. Als Soldat im ersten Weltkrieg wurde Max Keller durch einen Senfgasangriff schwer verletzt und nicht mehr gesund. Er starb 1925, Siegfried war da erst zweieinhalb Jahre alt. Max war Träger des Eisernen Kreuzes; er hatte seine Gesundheit und später sein Leben für Deutschland verloren.
Kurt Keller floh nach den Novemberpogromen, bei denen auch sein Elternhaus in Warden von nationalsozialistischen Horden heimgesucht wurde, nach Schweden, was ihm das Überleben gesichert hat. Siegfried gelang die Flucht zu seiner Mutter und im Dezember 1939 die Ausreise nach Palästina.
Bereits nach der Flucht der Söhne hatte Berta ihren Besitz in Warden verkauft und war nach Aachen gezogen, wo sie schließlich den Witwer Philipp Moses kennenlernte, den sie am 22. Mai 1940 in zweiter Ehe heiratete. Ab dem 24. Mai 1940 wohnte sie mit ihm in dessen Haus in der Steinkaulstraße 1. Philipp Moses versuchte verzweifelt, eine Einreisegenehmigung in die Vereinigten Staaten zu bekommen, wohin sein Sohn Walter 1939 rechtzeitig ausgewandert war. Die Erlaubnis kam zu spät, er und seine Frau durften Deutschland nicht mehr verlassen.
Ein letzter Brief
1941 mussten sie ihr Haus aufgeben und in die Promenadenstraße 21 in ein sogenanntes Judenhaus ziehen. Im Jahr darauf verzogen sie am 3. März in das Israelitische Altenheim Horst Wessel-Straße 87, heute Kalverbenden. In ihrem letzten Brief an ihre Söhne schreibt sie von „Glück“ und „liebevoller Umgebung“, sicher bezogen auf ihren „innigstgeliebten Mann“. Am 25. Juli 1942 wurden beide nach Theresienstadt deportiert, wo Philipp Moses einen Monat nach der Deportation starb. Berta musste noch einen Transport von Theresienstadt nach Auschwitz erleiden, wohin sie am 23. Januar 1943 gemeinsam mit 2005 weiteren Theresienstädtern zu einem „Arbeitseinsatz“ abkommandiert wurde. Wann und wie sie in Auschwitz starb, ist unbekannt. Sie gehörte aber nicht zu den drei Personen ihres Transports, die das Grauen überlebt haben. 1992 reichte ihr Sohn Shimon (früher Siegfried) ein Gedenkblatt für seine Mutter bei Yad Vashem ein.
Quelle: Aachener Zeitung, Aachener Nachrichten, Eifeler Zeitung 27.1.2021