Politik und Kunst im Dienst des Gedenkens
Vor 80 Jahren wurden auch in Aachen die Synagoge und Geschäfte zerstört – am 9. und 10. November wird an vielen Stellen daran erinnert
Aachen. Vor 80 Jahren brannte am Morgen des 10. November auch in Aachen die Synagoge. Vorangegangen war die von den Hetzkampagnen der Nazis ausgelöste Pogromnacht gegen die jüdische Bevölkerung des Reiches. Mit großer Einigkeit und vermehrter Aufmerksamkeit finden seit Wochen in Aachen Veranstaltung im Gedenken an die Übergriffe der braunen Horden statt, mit denen die systematische Vertreibung und die Auslöschung von sechs Millionen jüdischgläubigen Menschen in den Vernichtungslagern begannen.
Buchprojekt mit Studenten
In der kommenden Woche finden die zentralen Gedenkveranstaltungen statt, für die verschiedensten Organisationen oder Zusammenschlüsse Beiträge bereithalten. So beschrieb beispielsweise Heinrich Kaiser als Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit gemeinsam mit drei Studierenden der RWTH Aachen ein Ausstellungs- und Buchprojekt mit dem Titel "Gedenken und Erinnern". Dabei präsentieren Studierende des Forschungsgebietes Religionspädagogik mit Unterstützung des Gedenkbuchprojektes für die Opfer der Shoah aus Aachen eine sehenswerte Ausstellung samt zweier Buchveröffentlichungen. Die Schau wird am 9. November um 15 Uhr im Krönungssaal eröffnet.
Ebenfalls am 9. November findet in der City Kirche ab 19.30 Uhr eine eher künstlerische Annäherung an das ernste Thema mit Lesungen und Aufführungen von Schauspielerinnen des Theater K statt. Annette Schmidt und Mona Creutzer vom Theater K werden dabei musikalisch unterstützt und begleitet von der Pianistin Galina Ryzhikova und der Sängerin Catharina Marquet. Im Zentrum stehen Verse von Paul Celan, sollen gefühlsmäßig, berichtete Annette Schmidt, geschichtliche "Nahtstellen" fühlbar gemacht werden, Musik von Weill, Schönberg oder Gershwin ist zu hören, Texte etwa der jüdischen Autorin Charlotte Salomon werden rezitiert, Zeitzeugenberichte und Presseberichte vorgetragen.
Die Gedenkveranstaltung und die Kundgebung zu den Naziverbrechen findet traditionell auf dem Platz vor der 1984 in Aachen neu errichteten Synagoge Stadt. Zur Teilnahme rufen in diesem Jahr die Christlich-Jüdische Gesellschaft sowie der Bund der Antifaschisten auf. Beginn der Veranstaltung mit OB Marcel Philipp ist um 17.30 Uhr, verschiedene thematische Lichtpunkte sollen das damalige Geschehen erhellen. So berichtet der Politologe Richard Gebhardt zum Thema "AfD und neuer Antisemitismus", Vertreter des Café Zuflucht äußern sich zu Haltung und Solidarität statt Angst und Egoismus, eine Schülergruppe des Einhard- Gymnasiums tritt auf, und das Theater K bietet lyrische Einsprengsel zum ernsten Thema. Bemerkenswert ist die Aktion des Viktoria-Gymnasiums. Die Schule im Frankenbergerviertel hat sich in einem Projekt verpflichtet, in dieser Gedenkwoche die 14 im Viertel befindlichen so genannten Stolpersteine, die, im Boden eingelassen, an verschleppte oder ermordete Jüdinnen und Juden erinnern sollen, zu reinigen und damit gemeinsam mit Schülergruppen aus der zehnten Jahrgangsstufe an Biografien und Schicksale jener vertriebene Menschen zu erinnern. Lehrer Cornelius May erklärte, dass dort Texte und Erinnerungen vorgelesen werden sollen, das Projekt werde auch im Unterricht vertieft. Selbstredend beteiligen sich auch weitere Schulen an der Reinigung der insgesamt 64 Stolpersteine in der Stadt Aachen.
Am 10. November im Rathaus
Am 10. November ruft abends im Krönungssaal die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit zu einer Gedenkstunde auf, wieder mit Studierenden und deren Projekt "Gedenken und Erinnern". Das Haus der Märchen und Geschichte lädt am selben Abend ab 20 Uhr in den Saal der Musikhochschule am Theaterplatz ein zum Thema "Geschichten aus drei monotheistischen Religionen.
Quelle: Aachener Nachrichten, 31.10.2018