Sophia Robens geborene Mähler
Friedrich Robens
Lina Robens geborene Hofmann
Otto Moritz Robens
Kurt Nathan Robens
Von Bettina Offergeld Aachen im Oktober 2018
Sophia1 Robens war eine geborene Mähler. Sophia wurde am 22. September 1861 vermutlich in Dülken, vielleicht aber auch in Kempen geboren.2 Sie war mit Moritz Robens verheiratet.
Moritz Robens wurde am 24. Oktober 1853 als zweites von zehn Kindern – zwei Jungen und acht Mädchen – in Langweiler im Kreis Jülich geboren. Seine Eltern waren der Handelsmann Seligmann Robens und Sibylla, geborene Vossen. Seit 1859 gehörte Langweiler zur Bezirkssynagogengemeinde Jülich und war Zentrum jüdischen Lebens für die jüdischen Familien der nahen Umgebung, zum Beispiel Aldenhoven, Bettendorf, Hoengen und Warden.3
Die Eheschließung von Sophia und Moritz fand nicht in Aachen statt. Die drei Kinder der beiden, Johanna, Friedrich – der «Fritz» genannt wurde – und Carl Jakob wurden jedoch in Aachen geboren. Der Geburtstag von Johanna ist der 4. Februar 1893. Fritz wurde am 10. März 1895 und Carl Jakob wurde am 1. Juni 1902 geboren.
Von den Geburtsurkunden der Kinder wissen wir, wo in Aachen die Familie Robens gelebt hat. Ab 1893 wohnte das Ehepaar mit Johanna in der Pontstraße 156. Anfang 1895, wahrscheinlich weil mit zwei Kindern eine größere Wohnung gebraucht wurde, zogen die Robens’ in die Viktoriastraße 29, und ab 1902 lebte die nun fünfköpfige Familie in der Steinkaulstraße 7.
Seit dem Jahr 1895 ist Moritz Robens, von Beruf Handelsmann, Mitglied der Jüdischen Gemeinde in Aachen. Im Aachener Adressbuch von 1899 ist sein Beruf dann mit Viehhändler angegeben. Dies ist auch im Jahr 1905 noch so.
Am 19. Juni 1915 starb Moritz Robens. Er wurde auf dem jüdischen Friedhof an der Lütticher Straße begraben. Aus der Sterbeurkunde Nr. 1515/1915 geht hervor, dass sein Tod von seinem Sohn Friedrich angezeigt wurde.4
Die Lebenswege von Johanna und Carl Jakob Robens sind uns nicht bekannt.
Fritz Robens wurde Viehhändler und betrieb einen kleinen Viehhandel. Er heiratete Lina, eine geborene Hofmann, die am 5. September 1890 in Frickhofen im Kreis Limburg zur Welt gekommen war. Lina hatte mindestens zwei Schwestern, die die Shoah überlebten. Eine von ihnen – sie war sieben Jahre jünger als Lina – lebte in Stolberg und ist im November 1938 ausgewandert.5
Das Ehepaar Fritz und Lina Robens hatte zwei Kinder.
Otto Moritz Robens kam am 17. Dezember 1920 in Aachen zur Welt. Sein Rufname war Otto. Er besuchte wahrscheinlich von Ostern 1927 bis Ostern 1935 die jüdische Schule am Berg-driesch. Anschließend begann er vermutlich eine Ausbildung.
Kurt Nathan Robens kam am 30. November 1921 ebenfalls in Aachen zur Welt. Sein Vorname wird abweichend auch mit Kurt Karl angegeben.6 Auf jeden Fall aber wurde er Kurt gerufen. Seine Schulpflicht dauerte von Ostern 1928 bis Ostern 1936. Kurt besuchte in dieser Zeit die jüdische Schule am Bergdriesch. Nachdem er die Schule abgeschlossen hatte, begann er seine Lehre in einem Großhandelsgeschäft, das Stoffe und Tuche aller Art vertrieb. Weil er Jude war, musste er diese Lehre abbrechen. Das geschah wahrscheinlich nach der Pogromnacht, also kurz vor Abschluss seiner Lehrzeit.
Aus dem Jüdischen Gemeindeblatt wissen wir, dass Kurt am 22. Dezember 1934 seine Bar-Mitzwa feierte.
Ab August 1935 und vermutlich bis 1938 lebten die drei Generationen der Familie Robens in der Haarener Straße 7. Nach Auskunft des Jüdischen Gemeindeblatts7 vom 16. September 1936 feierte Sophia Robens am 22. September 1936 ihren 75-sten Geburtstag.
Die Familie Robens lebte sehr zurückgezogen, als Nachbarn grüßte man sich, weiter ging der Kontakt jedoch nicht. Ein Mädchen aus der Nachbarschaft in der Haarener Straße meint sich daran zu erinnern, dass Kurt ein kränkliches Kind war.
Im Adressbuch von 1939 sind Sophia, Fritz, Lina, Otto und Kurt in der Beguinenstraße 13 in Aachen gemeldet. Die Familie bewohnte dort das Erdgeschoss.
Nachbarn aus der Beguinenstraße haben die Söhne der Familie als höfliche Jugendliche, die die übrigen Hausbewohner freundlich grüßten, in Erinnerung. Ein Nachbar erinnert sich daran, dass ein junger Mann, der den Judenstern tragen musste, morgens das Haus verließ und erst abends zurückkam. Der Judenstern musste ab 1941 getragen werden. Ob es sich bei dem jungen Mann um einen der beiden Robensbrüder handelte, ist nicht mehr nachzuvollziehen. Sophia Robens könnte zu dieser Zeit noch ihre Wohnung in der Beguinenstraße gehabt haben und wurde dort vielleicht von ihren Enkelsöhnen besucht.
Eine andere Zeitzeugin berichtet, dass jüdische, jugendliche Mädchen und Jungen, also auch Moritz und Kurt, verpflichtet wurden in den Rheinischen Nadelfabriken in einer eigens dafür eingerichteten Abteilung, also abgeschieden von den übrigen Mitarbeitern, zu arbeiten. Ältere jüdische Jugendliche sollen im Straßenbau eingesetzt worden sein.
Wiederum andere Zeitzeugen berichten, dass die beiden Jungen im November 1938 zu Hause herumgesessen haben, da es ihnen unmöglich war eine Arbeits- oder Ausbildungs-stelle zu finden.
Im Jahr 1940 ist unter der Adresse Beguinenstraße 13 nur noch die Witwe Sophia Robens aufgeführt. Das Aachener Adressbuch 1941 enthält keinerlei Angaben zur Familie Robens.
Sophia ist vermutlich im April 1941, als es Nicht-Juden verboten wurde, Wohnungen an Juden zu vermieten, in ein sogenanntes Judenhaus eingewiesen worden. Ihre Adresse wurde damals mit Trierer Straße 287 angegeben.
In der Deportationsliste des Polizeipräsidiums Aachen mit den Namen der am 22. März 1942 aus Aachen zu deportierenden Juden wird Sophias Adresse mit Trierer Straße 285 angegeben.8 Auch das Haus mit dieser Adresse war vermutlich ein sogenanntes Judenhaus.9
Sophia sollte also mit dem Transport am 22. März 1942 deportiert werden. Dies ist jedoch nicht geschehen. Der Grund ist unbekannt. Wohl aber, dass ab dem 2. April 1942 das Israelitische Altenheim in der damaligen Horst-Wessel-Straße 87 – heute Kalverbenden – als ihre Anschrift angegeben ist. Auch wenn die Daten von Auszügen aus dem Altenheim und die vermerkten neuen Anschriften häufig nicht den Tatsachen entsprechen, so kann doch davon ausgegangen werden, dass das Datum des Einzugs zuverlässig ist.
Laut Eintrag im Hausbuch des Altenheims wurde Sophia am 25. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert. Sie ist auf der Liste dieses größten von Aachen abgehenden Transports unter der laufenden Nummer 130 aufgeführt. Nach Auskunft des Sonderstandesamtes Bad Arolsen ist Sophia Robens geborene Mähler am 19. Dezember 1942 mit 81 Jahren in Theresienstadt ermordet worden.10
Wo die übrigen Familienmitglieder in der Zeit zwischen 1940 und 1942 gelebt haben, ist nur bruchstückhaft bekannt.
Fritz lebte vermutlich ebenfalls in einem Judenhaus. Er wurde mit dem Transport am 22. März 1942 – für den ursprünglich auch seine Mutter vorgesehen war – nach Izbica in Polen und weiter nach Majdanek deportiert. Fritz steht in der Häftlingsliste des Kriegsgefangenenlagers Lublin. In dieser Liste ist auch vermerkt, dass das Lager später in Konzentrationslager Lublin umbenannt wurde.11 Die Sterbeurkunde von Fritz wurde vom Sonderstandesamt Bad Arolsen ausgestellt. Sein Todesdatum ist der 24. Juni 1942 und der Todesort Lublin-Majdanek. Fritz Robens wurde 47 Jahre alt.
Lina Robens wurde wie ihr Ehemann Fritz am 22. März 1942 nach Izbica in Polen deportiert. Ihr Todesdatum und der Ort ihres Todes sind unbekannt.
Kurt begann kurze Zeit nach dem erzwungenen Abbruch seiner Lehre in Aachen eine landwirtschaftliche Ausbildung auf einem Gut in der Eifel, vermutlich um seine Auswanderung vorzubereiten. Dort blieb er nur bis ungefähr 1940, da er auch diese Ausbildung abbrechen musste.
Kurt war nach Auskunft des Bundesarchivs Koblenz ab 17. Dezember 1941 im Lager Rhenaniastraße in Stolberg/Rheinland interniert und musste dort Zwangsarbeit leisten. Dort wird sein Beruf mit Viehhändler angegeben. Bis zu seiner Internierung in Stolberg lebte er, wie vermutlich auch alle anderen Mitglieder seiner Familie, wahrscheinlich im Judenhaus Trierer Straße 285 oder 287. Am 20.3.1942 wurde er zur Deportation nach Aachen gebracht, am 22. März 1942 von Aachen nach Izbica12 und von dort aus nach Majdanek deportiert.
Am 13.8.1942 wurde Kurt Robens in Majdanek ermordet – er war 20 Jahre alt.
Die jüdische Gemeinde Aachen bestätigt, dass sowohl die Eltern Fritz und Lina Robens als auch ihre Söhne Otto und Kurt am 22. März 1942 nach Izbica in Polen deportiert wurden.
Über den weiteren Deportationsweg von Otto Robens, sein Todesdatum und seinen Todesort ist nichts bekannt.
- In manchen Quellen wird sie auch «Sofia» oder «Sofie» genannt. ↩
- Auskunft Stadtarchiv Aachen, Angelika Pauels vom 9.10.2018. ↩
- Auskunft Stadtarchiv Aachen, Angelika Pauels vom 9.10.2018. ↩
- Vgl. Akte der Bezirksregierung Düsseldorf, Dez. 15 – falls keine andere Quelle genannt wird. ↩
- Vgl. Gruppe Z: Menschen in Stolberg – verschleppt, zur Zwangsarbeit gezwungen, ermordet, S. 166. ↩
- Vgl. Gemeindeblatt der Synagogengemeinde zu Aachen vom 16.9.1936, 11. Jg. Nr. 7/8. Diese Ausgabe des Gemeindeblatts erscheint nur als Nachrichtenblatt. ↩
- Vgl. Bierganz, Manfred; Kreutz, Annelie: Juden in Aachen, Aachen 1988, S. 89–94. ↩
- Seit April 1941 war es verboten Wohnraum an Juden zu vermieten. Die Juden wurden stattdessen in «Judenhäuser» eingewiesen. «Judenhäuser» waren Immobilien ehemals jüdischer Besitzer. Es lebten zum Teil ganze Familien in einem Zimmer. ↩
- Vgl. https://www.holocaust.cz/de/opferdatenbank/opfer/28611-sofie-robens/ ↩
- Vgl. Häftlingsliste Majdanek per Email. Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/KZ_Majdanek : Das Lager Majdanek – Majdanek ein Vorort von Lublin – war das erste Konzentrationslager im besetzten Polen und wurde zeitweise als Vernichtungslager genutzt. ↩
- Vgl. http://www.statistik-des-holocaust.de/OT420322-Stolberg1.jpg ↩