Helma Ascher
Von Corinna Broeckmann, Aachen
Am Sonntag, den 10. Oktober 1920, kam Helma als Tochter von Hermann und Erna Ascher, geborene Bermann, in Aachen zur Welt. David Adolf Ascher, geboren am 18. Juni 1919 in Aachen, war wahrscheinlich ihr Bruder.
Ihre Eltern ließen sich scheiden, und ihre Mutter Erna, die am 13. Januar 1899 in Aachen geboren wurde, heiratete später Karl Hirsch, einen Kaufmann aus Aachen. Helma Ascher arbeitete in den 1930er Jahren als Modistin, eine Putzmacherin für Damenhüte, und lebte zusammen mit ihrer Mutter, ihrem Stiefvater und ihrem Bruder David Adolf in der Edelstraße 12 in Aachen.
Es ist bekannt, dass sie im Lager Grüner Weg in Aachen interniert war und am 18. Juni 1942 in Ravensbrück mit der Häftlingsnummer 11884 als „Volljüdin" registriert wurde. Als Haftgrund wurde „Rassenschande" angegeben. „Rassenschande" war im Nationalsozialismus ein Propagandabegriff, mit dem sexuelle Beziehungen zwischen jüdischen und nicht-jüdischen „arischen" Deutschen verunglimpft wurden. Im Jahr 1935 wurden Ehen zwischen Juden und Nicht-Juden verboten, und sexuelle Kontakte wurden unter Strafe gestellt.1 Ob Helma tatsächlich eine Beziehung zu einem „arischen Deutschen" hatte, lässt sich nicht mehr sagen.
Im Konzentrationslager Ravensbrück wurden überwiegend Frauen gefangen gehalten, viele mussten ab 1942 in der Rüstungsindustrie arbeiten, andere wurden für medizinische Experimente mit Antibiotika missbraucht. Nach einer Anordnung des Reichssicherheitshauptamtes in Berlin sollte das Lager Ravensbrück 1942 „judenfrei" gemacht werden. Am 6. Oktober 1942 wurden daher über 600 Frauen, fast ausschließlich Jüdinnen, in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert.2
Helma Ascher gehörte mit fast zweiundzwanzig Jahren wahrscheinlich zu dieser Gruppe Frauen.3 Im Auschwitz-Archiv sind die genauen Daten ihrer Einlieferung und auch ihre Häftlingsnummer nicht bekannt. Sicher ist allerdings, dass sie am 5. November 1942 starb. Dieses Datum ist in den „Sterbebüchern des KL4 Auschwitz" verzeichnet mit dem zynischen Hinweis, sie sei an „Grippe bei Körperschwäche" gestorben.5
Helmas Mutter Erna und ihr Stiefvater Karl Hirsch wurden ebenfalls in der Shoah ermordet. Beide wurden am 15. Juni 1942 in das Vernichtungslager Sobibor deportiert.6 Unbekannt ist uns das Schicksal ihres Vaters Hermann. Ihr Bruder David Adolf war von Beruf Büroangestellter und konnte noch vor Oktober 1939 nach England fliehen. Im Oktober 1939 war er in einem Flüchtlingslager in Kent untergebracht und arbeitete dort für die Lagerpolizei als Nachtwächter.7
-
Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Rassenschande.↩
-
Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/KZ_Ravensbrück#1942.↩
-
Vgl. Gedenkbuch - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945, Bundesarchiv Koblenz: Hier wird das Datum der Deportation nach Auschwitz mit Oktober 1942 angegeben.↩
-
KL meint Konzentrationslager.↩
-
Vgl. Informationen aus dem Auschwitz-Archiv vom 28.12.2010 (per Email).↩
-
Vgl. Gedenkbuch Koblenz a.a.O.↩
-
Vgl. www.movinghere.org.uk (deliveryfiles\PRO\HO396_3_032\0\1.pdf): Er war im Kitchener Camp Rich-borough Sandwich (Kent) untergebracht.↩